„Die Landschaftsfotografie ist eigentlich schon seit Jahren ausgereizt“ verriet mir um 1990 der damalige Gerätewart unseres hiesigen Fotoclubs – seines Zeichens ein Liebhaber des berüchtigten Tabak-Verlaufsfilters von Cokin.
Dem konnte ich als fotografischer Jungspund kaum etwas entgegensetzen – innerlich sträubte sich aber alles in mir. Ich konnte diese Aussage in ihrer Pauschalität einfach nicht akzeptieren.
Wohin mich meine Haltung viele Jahre später führen würde, hätte ich damals nicht zu träumen gewagt.
Planet Erde
Spuren des Klimawandels (1)
Immer wieder werde ich gefragt, ob ich ich denn bei meiner Arbeit in der Arktis schon etwas von „diesem“ vielbesprochenen Klimawandel bemerkt hätte. Nicht selten höre ich aus diesen Fragen den Wunsch nach Abwiegelung, Beruhigung - „nein, keine Sorge, davon sieht man noch gaaaar nichts“ - aber damit kann ich leider nicht dienen.
In der Tat sehe ich deutliche Änderungen von Jahr zu Jahr, wobei diese natürlich auch durch kurzfristige Schwankungen bedingt sein können. Bedauerlicherweise geht die Tendenz über die letzten Jahre hinweg sehr klar in eine Richtung: Massen(Höhen-)verluste der Gletscher, Rückzug von Gletscherfronten wohin man auch blickt. Viel erschreckender als die aktuellen Änderungen sind für mich jedoch die Spuren dessen, was sich bereits seit Jahrzehnten voll im Gang befindet.
Auf diesem im Sommer 2018 mehr als 500km nördlich des Polarkreises aufgenommenen Bild sieht man einen Gletscher, der sich aus einer Höhe von ca. 1500 Metern bis hinunter ans Meer erstreckt. Allerdings sollte ich sagen „erstreckte“, denn von dem einstmals großen Gletscher ist praktisch nichts mehr da. Die nicht erodierten, halbkreisförmig aufgeschobenen Seitemoränen sehen aus, als wären sie in höchster Eile vom Eis verlassen worden. Klar ist das nicht von gestern auf heute passiert, aber eben auch nicht in den üblichen glazialen Zeitspannen.
Aus genau dieser Gegend wurde mir berichtet, dass solche Gletscher vor ein paar Jahrzehnten im Winter noch vom zugefrorenen Meer aus zur Fahrt mit dem Hundeschlitten über die Gebirgszüge hinweg in den Nachbarfjord genutzt wurden. Ohne Eis klappt das aber nicht mehr.
So plakativ fiel mir so ein komplett verschwundener Gletscher im Jahr 2018 zum ersten mal ins Auge - aber seitdem ich weiß, wonach ich suchen muss, habe ich davon eine ganze Menge und noch viel mehr drastische Zeichen der im Wandel begriffenen Arktis gefunden.
Es ist ganz offensichtlich: wir stecken längst mittendrin (in „diesem“ Klimawandel). Und unsere verbliebene Zeit läuft ab. Jede Tonne Kohlendioxid, die wir heute in die Atmosphäre blasen, wird dort erstmal sehr lange verbleiben. Es gibt nur einen wirklich gangbaren Weg, um der Katastrophe zu entgehen - nämlich, unseren Kohlendioxid-Ausstoß nachhaltig und ganz massiv zu reduzieren.
Wir (die Industrienationen) leben seit langer Zeit auf Kredit, den wir uns eigenmächtig zu Lasten der nachfolgenden Generationen genehmigt haben.
Und wir haben ein Pariser Klimaabkommen mitbeschlossen, dessen ehrenwerte Ziele mittels des neulich in Deutschland verabschiedeten „Klimapäckchens“ nicht mal annähernd erreicht werden können. Nicht mal theoretisch und mit einer Riesenportion Super-Optimismus. Eben das gute alte „weiter so“, mit etwas grünem Blendwerk geschmückt. So etwas nenne ich malignes Agieren - angesichts dessen, was für uns alle auf dem Spiel steht! Und ich denke mir jeden Tag: Wie kann sich jemand „konservativ“ oder gar „christlich“ nennen, dem unser Planet - er ist ja immer noch der einzige, den wir haben - sowas von egal ist?